Bei meinen zahlreichen Truppenbesuchen im Rahmen der Arbeit in der Sicherheitspolitischen Kommission habe ich immer wieder die Gelegenheit, mit Frauen zu sprechen, die Armeedienst leisten. Deshalb haben mich die Ergebnisse der Untersuchung über Diskriminierung und sexuelle Gewalt in der Armee nicht wirklich erstaunt.

94 Prozent der Frauen in der Armee, so zeigt der Bericht, haben sexualisierte Gewalt erlebt. Das verdeutlicht: Dieses Problem hat System. Und das gilt nicht nur für die Schweiz. Studien aus verschiedenen Ländern zeigen, dass sexuelle Belästigung und Übergriffe im militärischen Umfeld häufig vorkommen und in vielen Fällen als Teil des „Alltags“ erlebt werden.
Die Ursachen sind in den hierarchischen Strukturen und männlich geprägten Idealen zu finden. Vorgesetzte verfügen über großen Einfluss und Autorität, und es wird erwartet, dass Befehle befolgt werden. Diese Machtpositionen erschweren es extrem, sich zu wehren oder Unterstützung zu suchen – eine Kultur des Schweigens entsteht.

Gleichzeitig herrschen „männliche“ Ideale vor. Eine Kultur von „Härte“ und „Männlichkeit“ entschuldigt problematisches Verhalten oft und tut es als „Teil des Jobs“ ab. Bei meinen Gesprächen war ich immer wieder erstaunt, wie häufig Frauen das Problem kleinreden: „Es gehört halt dazu.“ Von Frauen in leitenden Funktionen wird die Kultur des Schweigens oft aus Loyalitätsgründen internalisiert. Von Soldaten, die unter Frauen dienen, klang es hingegen oft ganz anders. „Sprüche“ seien an der Tagesordnung, Frauen würden „kaum gleich akzeptiert“, und sie „gehörten halt nicht wirklich dazu.“ Kommt es zu Vorfällen, werden diese oft aus Angst vor Konsequenzen nicht gemeldet. In einer extrem hierarchischen Organisation führt Widerstand gegen das System häufig zu einem Karriereknick. In einer Kultur des Schweigens entsteht zudem nicht unbegründet der Eindruck, dass Beschwerden keine Konsequenzen haben.

Die Wahl Trumps zum US-Präsidenten bringt einen spürbaren patriarchalen Backlash mit sich, der auch auf die Schweiz ausstrahlt. Trump verkörpert die Haltung, dass sexualisierte Gewalt ein Kavaliersdelikt ist – eine Einstellung, die strukturelle Probleme nur weiter zementiert.

Es bleibt zu hoffen, dass der propagierte Kulturwandel des Armeechefs auch „against all odds“ durch strukturelle Massnahmen gefördert wird. Andernfalls bleiben für die Frauen als „Dank“ für ihren militärischen Dienst an der Gemeinschaft die psychischen und physischen Folgen.

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