Sehr geehrter Herr Spillmann
Vielen Dank für Ihren offenen Brief und Ihr Interesse an meinem Standpunkt bezüglich Windkraftanlagen im Zürcher Oberland. Ich schätze Ihre Leidenschaft für Umwelt- und Naturschutz sowie Ihre Sorge um die ökologische Vielfalt in unserer Region.
Sie sprechen mein Statement auf der Website an: Es ist richtig, dass ich mich für "100 % saubere Energie" und die Nutzung erneuerbarer Energien wie Sonnenenergie, Windkraft, Wasserkraft, Biomasse und Erdwärme einsetze. Diese Ziele basieren auf der Notwendigkeit, den Klimawandel einzudämmen. Denn die Klimaerhitzung und der massive Rückgang der biologischen Vielfalt bedrohen in einer noch nie dagewesenen Weise unsere Lebensbedingungen und die Grundlagen unserer Wirtschaftstätigkeit. Diese beiden Herausforderungen müssen gleichzeitig angegangen werden. Die aktuelle Energiekrise aufgrund der Abschaltung mehrerer Atomkraftwerke in den Nachbarländern und des Angriffskriegs in der Ukraine zeigen erneut die Dringlichkeit, die Energiewende zu beschleunigen.
Dabei ist es eine grosse Herausforderung, den Ausgleich zwischen der Nutzung der erneuerbaren Energien und dem Schutz der Biodiversität zu finden. Aber es braucht die Abwägung: Denn der bei weitem grösste Risikofaktor für die Biodiversität ist nicht die Nutzung der Windkraft, sondern die Klimaerhitzung, die ganze Lebensräume vernichtet.
Um das Klima zu stabilisieren, müssen die Emissionen möglichst rasch auf Netto Null reduziert werden. Dazu notwendig ist die vollständige Dekarbonisierung des
Verkehrs, des Gebäudesektors und der Industrieund damit die weitgehende Elektrifizierung des Energiesystems mit Strom aus erneuerbaren Quellen. Um beim Ausbau der erneuerbaren Energien die negativen Auswirkungen auf Natur und Landschaft und die Kosten zu begrenzen, setze ich mich dafür ein, dass der Verbrauch gesenkt und die Effizienz verbessert wird: Die umweltfreundlichste und günstigste Energie ist die Energie, die nicht verbraucht wird.
Die Produktion von erneuerbaren Energien ist essenziell, um das Netto-Null zu erreichen. Ich setze mich dafür ein, dass die Produktion von erneuerbaren Energien dort stattfindet, wo sie die Natur am wenigsten beeinträchtigt: So habe ich mich im Parlament bspw. für eine Solarpflicht auf Neubauten eingesetzt (die leider von der bürgerlichen Mehrheit verworfen wurde). Solaranlagen entlang von Infrastrukturbauten sind sinnvoll, genau wie über Parkplätzen.
Auch Windkraft wird in der Schweiz eine Rolle spielen (müssen), wenn die Energiewende vollzogen werden soll. Windkraftwerke erzeugen 2/3 des Ertrags im Winterhalbjahr. Sie sind die perfekte Ergänzung zu Solaranlagen im Mittelland, die im Sommer den maximalen Ertrag haben. Das Potenzial für Windproduktion in der Schweiz liegt bei rund 5 bis 8 TWh/a.
Windkraftwerke sind allerdings von weit her sichtbar. Und hier entsteht der Interessenskonflikt mit dem Natur- und/oder Landschaftsschutz, den Sie ansprechen. Die Abwägung ist aus meiner Sicht folgendermassen zu machen: Wo der Schutzbedarf der Landschaft hoch ist und der Nutzen für die Energieproduktion klein, dort ist auf Standorte zu verzichten. Wo der Schutzbedarf der Natur und Landschaft aber weniger gross ist und der Nutzen für die Energieproduktion hoch, dort werde ich Kompromisse eingehen. Keine Form der Energieerzeugung geht ohne Beeinträchtigung, weder alpine Grosssolaranlagen noch Stauseeprojekte, aber ich bin der Ansicht, dass es für die Energiewende unvermeidbar ist, dass auch grössere Projekte realisiert werden können.
Für die Projekte im Kanton Zürich ist die Vernehmlassungsvorlage noch nicht veröffentlicht. Deshalb fehlen wichtige Informationen, um diese sorgfältige Abwägung zu machen, und deshalb habe ich mich bislang auch nicht zu einzelnen Projekten geäussert. Was den Prozess im Kanton Zürich angeht, finde ich das Vorgehen richtig: Mit dem (technischen) Ausscheiden der Potenzialgebiete fängt der Prozess aber erst an: Nun werden viele andere Faktoren mit einbezogen: Vom Schutzbedarf der Natur und Landschaft bis hin zur Akzeptanz in der Bevölkerung.
Als jemand, der die Schönheit und Bedeutung unserer Natur kennt, setze ich mich dafür ein, dass Entscheidungen hinsichtlich der Windkraftentwicklung in unserer Region sorgfältig und unter Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte getroffen werden.
Mit freundlichen Grüssen,
Marionna Schlatter
Nationalrätin
Antwort auf den Offenen Brief von Herrn Spillmann
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